Stimmen zum Alemannischen Dialekthandbuch

 

Am 8. 9. 1993 schrieb Prof. Dr. R. Hildebrandt, Forschungsinstitut für deutsche Sprache - Deutscher Sprachaltas - Fachbereich 8 der Philipps-Universität Marburg, dem Verfasser Harald Noth:

Mit Ihrem Buch haben Sie mir und unserer Bibliothek eine große Freude gemacht. Sie haben sich als die besondere Spezies eines Laienforschers ganz erstaunliche Verdienste erworben. Sie können sicher sein, daß unser Institut, das im besonderen Maße auf die Mitarbeit 'aus dem Volk' angewiesen ist, Ihre Arbeit und Ihr Engagement als beispielhaft zu würdigen weiß.

Um das Buch finanzieren zu können, machte der Verfasser Bettelgänge unter anderem zu verschiedenen Gemeindeverwaltungen, bei denen er eine Lesemappe mit ausgewählten Kapiteln unterbreitete. Die Stadt Endingen reichte diese Lesemappe beim Alemannischen Institut in Freiburg ein und forderte ein Gutachten über die Förderungswürdigkeit des Buches an. Das Gutachten vom 9. 9. 1993, gezeichnet von Dr. Renate Schrambke, lautet:

Von den Auszügen aus der Lesemappe sind die Teile, die sich auf die Geschichte des Alemannischen beziehen, gut recherchiert und dargestellt. Auch die Beispiele aus der Kaiserstühler Sprachlehre sind anschaulich und informativ, wenn auch manchmal etwas sehr ausführlich dargestellt. Im Widerspruch zu der sachlichen Darstellungsweise der o.g. Ausschnitte steht der II. Teil, vor allem dort, wo sich der Verfasser mit der Situation des Alemannischen im Kaiserstuhl auseinandersetzt. Sein Anliegen, zur Konservierung des Alemannischen einen Beitrag zu leisten, führt zu fast schon polemischen Äußerungen, die m.E. hier fehl am Platz sind. Vor allem auch die Wiedergabe persönlicher Erlebnisse sollten wohl besser weggelassen werden. Die Veröffentlichung der sprachgeschichtlichen Teile dagegen ist förderungswürdig.

Markus Manfred Jung schrieb in Alemannisch dunkt üs guet, Heft III/IV 1993:

Was mer suscht nit macht, mueß diismool eifach sii: No vor i öbbis über des, wo drinschtoht, sag, mueß i, well s mi halt gruusig druckt, mi Meinig über des Buech loswerde. S isch nämli s wichtigschte Buech über de alemannisch Dialekt, wo in de letschte 20 Johr uusechoo isch. Do biißt ke Muus ke Fade drab. (...)

In "Der kleine Bund", der Wochenendbeilage des Bund, hieß es am 16. 10. 1993 aus der Feder von Christian Schmid-Cadalbert:

Es settigs Buech mit mee weder füfhundert Site erwaartet men eigetlech nid grad vom Harald Noth, er isch nämmlech Elektromechaniker (...) u nid Schpraachwüsseschafter. Aär isch Cheiserschtüeler mit Liib ii Seeu u wott esoo rede, win im dr Schnabu gwachsen isch. Aber mit sim Dialäkt chunt er hüt geng weniger wit. Uf den Ämter redt me schriftdtütsch mit im, z Fribuurg verschtö ne viiu nümm, wen er cheiserschtüeleret, u wen er Radio lost, bringt vo de vier süüddütsche Sänder numen eine grad non e Schtung Alemannisch i dr Wuche. Mit däm cha sech dr Harald Noth nid abfinge. Er wett, das ds Alemannischen im Südbadische näb em Schriftdütschen eso säubverschtändlech derhäärchunt wi i dr Dütschschwiz. (...)

Wis hüt um e Cheiserschtüeler Dialäkt schteit u wis vilech i Zuekumft witergeit, beschribt dr Harald Noth im zwöite Teeu vo sim Buech. Er zeigt, wi dr dütsch Dialäkt im Eusaass naadisnaa verschwindet u wi daa dermit ds Dialäkt-Hingerland vom Cheiserschtueu verdooret. 0 im Briisgou, soozsägen im Vorderland, het dr Dialäkt geng weniger z säge, vor auuem um d Schtedt Fribuurg u Briisach. Hie isch dr Harald Noth mängisch e chli z fescht «Kùutuurkämpfer». Us sire Sicht isch dr modeern Geischt eifach e Naregeischt, u ds Kùutuurläben im Briisgou chunt im voor wi im ene psetzte Land. Us Angscht um si Schpraach nimmt er ganz eisitig Partei, gseet mängisch nume no schwarz u wiiss u nimmt e chli z räässi Wort i ds Muu. Er isch unbequeem, mängisch ugrächt, aber er vergisst gliich nie d Rächt vo den angere. (...)

Im Forum des Vereins Schweizerdeutsch schrieb Dr. Rudolf Suter im Februar 1994:

Unter den sachlich-trockenen Titel Alemannisches Dialekthandbuch vom Kaiserstuhl und seiner Umgebung erschien kürzlich ein fünfhundertseitiges Kompendium, das weit über den Themenkreis einer lokal begrenzten Mundartdarstellung hinaus dem Benutzer und Leser eine Fülle von Erkenntnissen und Denkanstößen vermittelt und daher Beachtung im ganzen alemannischen Sprachgebiet verdient. (...)

Bei aller Objektivität im Tatsachenbereich verschmäht es der Autor erfreulicherweise nicht, sprachpolitisch Stellung zu beziehen, harte Urteile zu sprechen und scharfe Kritik zu üben - Kritik an den Behörden, an den Kulturverantwortlichen, zumal an den elektronischen Medien und natürlich an den allzu timiden Mundartsprechern. (...)

Virschi zu dr vollständige Rezension vum Rudolf Suter!

Rudolf Suter ist Verfasser der Baseldeutsch-Grammatik, die ein wichtiges Vorbild für die Kaiserstühler Alemannische Sprachlehre war.

Regula Matthisson schrieb am 4. 9. 1993 in der Badischen Zeitung:

(...) Was hat Harald Noth überhaupt dazu bewogen, sich so intensiv mit dem Kaiserstühler Dialekt auseinanderzusetzen?

“Sprachen haben mich schon immer interessiert“, sagt er. “Ich habe während meiner 15-jährigen Berlinerzeit z.B. Türkisch gelernt. Dort fühlte ich mich als Südbadener und Alemanne fast ebenso einer Minderheit zugehörig wie die Türken oder Kurden. Dazu kam die Protestbewegung gegen das Atomkraftwerk Wyhl, die ich nur aus der Ferne, von Berlin aus mitbekam. Damals sind die Kaiserstühler mit ihrer Sprache aus dem Mauerblümchendasein ausgebrochen, sie haben das Alemannisch ungeniert und mit Stolz benutzt, und das für eine gute Sache, für den Erhalt der Natur. Das hat mir sehr imponiert. So ein sprachliches Erwachen gab es auch im Elsaß mit hervorragenden Mundartdichtern und Liedermachern. Man hat damals ein neues Gemeinschaftsbewußtsein in der Regio entwickelt, gerade auch wegen des gemeinsamen Dialekts, Elsäßer - Südbadener und Basler verstanden sich. Ein Aha-Erlebnis war für mich auch die Beschäftigung mit der Baseldeutschen Grammatik, die starke Ahnlichkeit mit dem Kaiserstühlerischen hat. Nach meiner Rückkehr aus Berlin fing ich dann selbst mit Studien und Erhebungen zu meinem Dialekt an.“

 Bei seinen Nachforschungen stieß Noth auf Besonderheiten, die bisher von der Wissenschaft übersehen oder wenig beachtet wurden, wie z.B. der sächliche Artikel vor Frauennamen (s Marie, s Anna), der noch überwiegend im westlichen Kaiserstuhl gebräuchlich ist. “Mir ist klar, daß ich einen Vorteil habe gegenüber Sprachwissenschaftlern, die nicht in diesem Dialekt aufgewachsen sind und nur auf wissenschaftliche Literatur und Erhebungen zurückgreifen können. Mein sprachliches Gedächtnis und der tägliche Kontakt mit anderen Dialektsprechern kommen mir dabei zugute.“ (...)