Polemik in Freiburg zu Hans Filbingers 90. Geburtstag

Am 15. 9. 2003 konnte Hans Filbinger seinen 90. Geburtstag feiern; die Stadt Freiburg i.B. hatte für ihn, ihren Bürger und ehemaligen Gemeinderat (1953-1960), einen Empfang geplant. Angesagt hatte sich auch der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon. Doch in der Öffentlichkeit regte sich Protest. Walter Krögner (SPD) etwa warf Salomon vor: Wer sich vor einem Jahr gegen den Aufmarsch der NPD stark gemacht hatte, könne nun nicht "eine ganze Generation von Alt-68ern vor den Kopf stoßen, für die Filbinger geradezu das Sinnbild einer nicht aufgearbeiteten Nazi-Vergangenheit ist." In den örtlichen und regionalen Medien kam es zu zahlreichen Meinungsbekundungen, in denen oft die Vorwürfe erneuert wurden, die schon 1978 zum Rücktritt Filbingers als Ministerpräsident von Baden-Württemberg geführt hatten. Dieter Salomon schickte daraufhin seinen Ersten Bürgermeister Otto Neideck (CDU) vor, der seine Stelle beim Empfang einnehmen sollte. Auch von den grünen und roten Stadträten und denen der Unabhängigen Frauen und der Linken Liste sagten die meisten ab. Hans Filbinger seinerseits verzichtete dann auf solcherart Ehrung. In Stuttgart boykottierte die Landtagsopposition ebenfalls den dortigen Empfang. Im Freiburger Historischen Kaufhaus gab es am 14. 9. 2003 eine Veranstaltung mit über 300 Teilnehmern, dort brach der Militärhistoriker Wolfram Wette unter dem  Motto "Was damals Unrecht war, kann heute nicht Recht sein" erneut der Stab über Filbinger; ihm zur Seite standen der Schriftsteller und Liedermacher Walter Moßmann und der Kabarettist Matthias Deutschmann. Die wesentlichen Inhalte der Rede Wettes erschienen am 24. 9. 2003 auch in der Frankfurter Rundschau; die ganze Republik, zumindest ihre linke Hälfte, wurde dadurch noch einmal durch einen Militärhistoriker und Professor Doktor in ihrem Abscheu gegen den "furchtbaren Juristen" Filbinger bestätigt. In der Freiburger Region gab es auch vereinzelte Gegenstimmen, so in Lueginsland, der Mundart-Kolumne der Badischen Zeitung, Titel: S Urteil.