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17. März 2023
Denk mal!

    Martin Walser sprach in seiner Rede zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1998 von dem, was man heute "Erinnerungsarbeit" nennt. Er sagte: "Wenn mir aber jeden Tag in den Medien diese Vergangenheit vorgehalten wird, merke ich, dass sich in mir etwas gegen diese Dauerpräsentation unserer Schande wehrt." Er sprach von der "Instrumentalisierung unserer Schande zu gegenwärtigen Zwecken". Es kam zu einem nicht mehr enden wollenden Entrüstungssturm in den Medien.
    Sehen wir die Sache doch mal positiv: Da wird viel geleistet; vor Kurzem ging es in Oberrotweil um die geistig Behinderten, die in die Psychiatrie Grafeneck eingeliefert wurden und dort umgekommen sind. Darunter sind auch welche aus unserer Gemeinde, hat der Heimat- und Geschichtsverein recheriert. Eben erst veranstaltete das Bildungswerk der Stadt Vogtsburg mit den "Omas gegen Rechts" eine "historische Erinnerungsarbeit"; der Bürgermeister lud ein dazu. So ein Einsatz wäre löblich, wenn er nicht einseitig wäre. Schon dass die "Omas gegen Rechts" dem linksextremen Umfeld zuzuordnen sind, sollte nachdenklich machen. Es werden fast immer nur die braunen Steine des Mosaiks gezeigt. Die in den Farben des Union-Jacks, der US-Flagge oder der Trikolore werden nicht gezeigt. Und auch die roten mit Sichel und Hammer nicht. Also die zerbombten deutschen Städte und unzählige ihrer Zivilisten, die verblutet oder erstickt sind, die Soldaten, die in den Rheinwiesenlagern umgekommen sind, die Frauen, die auch hier am Kaiserstuhl von Marokkanern in französischem Dienst vergewaltigt worden sind und nicht zuletzt die 13 Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen, von denen unzählige umgekommen und alle heimatlos geworden sind.
    Doch halt! In Freiburg haben die Heimatvertriebenen ein Denkmal. Sie kennen es, wissen, wo es ist? Nein? Hmmm. Es ist ein sehr großer Steinklotz, vom Ruß des Straßenverkehrs ergraut, bei nassem Wetter schwarz - keine politischen Saubermänner weit und breit, kein Schulprojekt, bei dem die Kinder den Stein bürsten und vom Dreck befreien. Keine besorgte Stadtverwaltung. Gegen den Rotteckring ist der Stein durch große Müllkontainer zugestellt; wer vom Columbi-Schlössle herkommt, kann aber, wenn er diesem dunklen Klotz seine Aufmerksamkeit schenkt, die große Inschrift "Unvergessene Heimat" erkennen.