3. Januar 2021
Krankenschwester von Corona-Station spricht
Von einzelnen
schweren Krankheitsverläufen bei Corona liest und hört man viel; die Leute sind
schockiert und ein schlimmer Krankheitsverlauf in der Freiburger Gegend
wird,
dank der Medien, nicht nur hier diskutiert, sondern auch in Stuttgart
und überall, wo die Blätter und die Radio- und Fernsehstationen ihn hintragen.
Doch hier spricht nun einmal eine
Krankenschwester von einer Corona-Station über die andere Seite, die von
den Medien nicht gezeigt wird. Das muss man gelesen haben. Sie kriegt
reihenweise gesunde Patienten. Andererseits bewahrt sie welche vor der
ITS (Intensivstation) und vor der invasiven künstlichen Beatmung (diese
überstehen viele nicht). Die Krankenschwester:
"Ich.....Berlin.....Coronastation :
Nach wie vor habe ich 98% A-Symptomatische ( also Symptomlose) Patienten
bei mir auf Station. Ich habe jetzt 6 Spätdienste hinter mir. Über
Weihnachten kam niemand über die Rettungsstelle. Alle Aufnahmen die ich
hatte, waren intern. Also Verlegungen von anderen Stationen. Angeblich
positiv. Mir blutet das Herz, wenn ich eine 94jährige Frau bekomme aus
der Augenabteilung....gut drauf, mobil und muss bei mir eingesperrt
werden. Daneben eine aus der Orthopädie. Auch symptomlos. Bei der alten
Dame konnte ich zuschschauen, wie sie täglich abgebaut hat. Keine
Bewegung, keine Physiotherapie. Wir haben leider nicht die Möglichkeit,
uns adäquat zu kümmern weil die Zeit fehlt. Durch das an und ausgepelle
pro Zimmer dauert ein Durchgang bis zu 1,5 Stunden. Wenn ich hinten
angekommen bin, fange ich vorn wieder an. Zwei Demente Herren.....auch
symptomlos, vegetieren seit über einer Woche in ihrem Zimmer dahin.
Anruf von der Leukämiestation.....sie hat eine gaaaaanz
schlimme Coronapatientin. Ja gut, schick mir her
Dame kommt.....ich so....na, wie gehts ? Sie : ja, mir gehts gut. Ich
sollte eigentlich morgen nach Hause (Montag). Sie war ganz traurig.
Ich : Ach, schau an. Na dann bringen sie der Klinik noch zehn Tage Geld.
Ich halte ja mit meiner Meinung nicht hinterm Berg.
Edit : Die Station wird zugeballert mit haufenweise symotomlosen
Menschen, die ihrer Freiheit beraubt werden.
Ich streite nicht ab, das ich die eine oder andere Pneumonie
[Lungenentzündung] auf Station
hatte, die man tatsächlich überwachen und im Auge behalten sollte.
Ein Beispiel : Relativ junger Mann, Pneumonie, Fieber. Sättigung nicht
ganz so gut. Sauerstoff über Nasenbrille. Antibiose via Vene. Temperatur
auf und ab. Aber er war jederzeit stabil. Visite sagt, er solle auf die
ITS [Intensivstation].
Ich mit ihm gesprochen. Habe ihm abgeraten. Er ist definitiv kein Fall
für die ITS. Dann würde es ihm schnell schlechter gehen. Er.....ITS
abgelehnt.....Gott sei Dank. Gestern ist er genesen entlassen worden.
Was ich damit sagen will, das mit Sicherheit einige
unnütz auf die ITS kommen und womöglich noch beatmet werden.
Auch sterben bei mir Menschen auf Station, die nachweislich eine schwere
Vorerkrankung haben. Bronchial CA [Lungenkrebs].....nicht ins Hospiz darf, weil er
angeblich positiv ist, und elendlich verreckt. Aber das hatte ich ja
letztens hier schon geschrieben.
Gestern war die Rettungsstelle wieder total überfüllt.....ich kann von
Station direkt runter schauen. Telefon klingelte ständig, ob ich
jemanden aufnehmen könnte.
Älterer Herr.....in der Tagespflege einen Tag vorher angeblich positiv
getestet, kommt zu mir. Er sei zu Hause vom Sofa gerutscht. Die Frau hat
ihn nicht wieder hoch bekomen. Er.....null Symptome. Kein Fieber, kein
Husten.....also nix. Mit der Frau telefoniert.....er sei wohl stark
dement, war ihr gegenüber ausfallend. Nun liegt er bei mir auf Station.
Mir fehlen so langsam die Worte. So zieht es sich wie ein roter Faden
schon seit Wochen.
Station voll. Zu wenig Personal. Wir sind echt am Limit. Vor drei Tagen
hatte ich sowas wie einen kleinen Zusammenbruch bei Dienstbeginn. Habe
geweint. Nicht weil ich nicht arbeiten will, sondern weil ich mit dem
ganzen nicht mehr klar komme. Das gesunde,alte Menschen bei mir
eingesperrt werden, keinen Besuch empfangen dürfen. Weihnachten einsam
in ihren Zimmern verbringen müssen. Sich nicht bewegen können. Keine
frische Luft bekommen. Also damit meine ich, nicht runter gehen zu
können. Fenster öffnen wir natürlich.
Ich darf jetzt ein paar Tage zu Hause sein. Und ich hoffe, ich komme ein
wenig runter und kann etwas abschalten. Ich bin total erschöpft und
leer. Und ich bin traurig.
Ich versuche, die nächsten Tage abzuschalten bevor der Wahnsinn am
Montag wieder los geht."
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