8. September 2020
Quod licet Iovi non licet
bovi ... Am 29. August gab es
einen "unerträglichen Angriff auf das Herz unserer Demokratie" - so
zitiert die Badische Zeitung im Hauptartikel auf Seite 1 unseren
Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Die Schlagzeile lautete:
FRIEDLICHER PROTEST UND RECHTE RANDALE. In ähnlicher Schärfe
verurteilten fast alle Politiker diesen Angriff. Was war geschehen? Die
Badische Zeitung berichtet, wieder den Bundespräsidenten zitierend, von
"Reichsflaggen und rechtsextremen Pöbeleien vor dem Bundestag". Das Foto
auf der Titelseite zeigt den Frevel: Da stehen meist jüngere Menschen
auf der Reichstagstreppe mit dem Rücken zum Eingang und schwenken
schwarz-weiß-rote Reichsflaggen, das amerikanische Sternenbanner, Flaggen Polens und
etliche andere Fahnen. Sonst ist nichts. Dieser "Angriff" war keine fünf
Minuten später zuende, denn die Polizei räumte die Treppe frei von
Demonstranten.
Genau eine Woche später wieder Randale,
aber dieses Mal richtig: Wir suchen am Montag die Titelseite der
Badischen Zeitung ab: Nichts! Wir blättern weiter, nichts, ah doch,
hier, auf Seite 5 titelt das Blatt: "HAUSBESETZUNGEN
ESKALIEREN" und als Unterüberschrift "Ausschreitungen in Leipzig
zwischen linksalternativer Szene und Polizei / Grund steigende Preise".
Aha, da gibt es eine "linksalternative Szene" - wer könnte etwas gegen
die haben? Zwischen ihr und der Polizei gibt es Ausschreitungen - da
haben offenbar beide Seiten über die Stränge geschlagen. Erst im dpa-Artikel,
den die BZ übernommen hat,
erfahren wir die Einschätzung des Leipziger Polizeipräsidenten Schultze:
"Die Angriffe auf die Polizeibeamten aus der Dunkelheit, die lassen mich
nur an den Tatbestand von Tötungsdelikten denken: heimtückisch und mit
Mitteln, die den Tod der Menschen, die getroffen wurden, in Kauf
nehmen". Das Bild zeigt Feuer, roten Rauch, Polizisten und ist
von der BZ untertitelt: "Polizisten fliehen am Samstag bei einer Demo in Leipzig
vor ..." - na, vor wem? Vor den linken Terroristen? Nein, "... vor
Pyrotechnik".
Inzwischen hat sich die
Polzei Sachsen für ihren harschen Ton entschuldigt: In einem
Reetweet der Polizei waren die Linksextremisten als "linkes Pack"
bezeichnet worden. Das wurde alsbald wieder gelöscht und die Polizei
zeigt sich zerknirscht.
"Qoud licet Iovi non licet bovi" -
schon die alten Römer kannten das Messen mit zweierlei Maß: "Was Jupiter
darf, darf ein Ochse noch lange nicht" - so drückte man aus, was, auf
unsere Verhältnisse übertragen, unter anderem bedeuten müsste: Was Linke
dürfen, dürfen Rechte noch lange nicht. |