16. Februar 2018
Nur grüne Neger sind gut!
Es soll laut Badischer Zeitung in
Emmendingen ein paar Linke und Grüne geben, die an der Fasnetsfigur
"Kongo-Neger" Anstoß nehmen, die wohl im 19. Jahrhundert
aufkam. Sie sieht, wie die meisten Figuren der Schwäbisch-Alemannischen Fasnet, nicht
politisch korrekt aus, aber freundlich und ihre Träger sind lieb zu den
Kindern. 60% von 1405 "Usern" von BZ-online finden,
"Tradition ist Tradition", sprich, man solle die Figur auf der
Fasnet lassen. Dabei ist zu bedenken, dass
viele Konservative längst mit der Badischen Zeitung abgeschlossen haben
und bei dieser Abstimmung gar nicht dabei sind. Aber zum Kampfprogramm
dieses Blattes gehört nun mal, immer und überall Rassismus zu wittern
und zu skandalieren, so auch hier.
Dabei ist die Nutzung der Figur des Negers
auch bei den Grünen und Linken hier in Oberbaden und im Elsass keineswegs
unbekannt: So hat etwa der elsässische Dichter André Weckmann in der
Bewegung gegen das AKW Wyhl, also in der Geburtsstunde der Grünen, sein
Gedicht speak white publiziert, das auf dem Kampfplätzen und
in der "Volkshochschule Wyhler Wald" gerne vorgetragen und
gesungen wurde. Darin heißt es, und ich bin heute noch von diesem Gedicht
fasziniert:
redd wiss / neger / wiss isch scheen
/ --- / wiss isch franzeesch / franzeesch isch wiss / wiss un chic /
elsasser / elsassisch degaje / nit / ...
Während die Emmendinger Urgroßväter der
Figur warum auch immer auf den afrikanischen Fluss Kongo und seine
Bewohner kamen, nennt Weckmann die Elsässer darin nach Flüssen im Elsass
ill-neger brisch-neger moder-neger und ruft sarkastisch dazu
auf, die negersproch ins Museum zu bringen. Während die
heutige Kongo-Neger-Figur einfach nur lustig ist, richtet sich Weckmanns
Agitation gegen bariss [Paris], also gegen die Franzosen.
"Neger" wird hier als Bezeichnung für den Unterdrückten und
Mit-den-Füßen-Getretenen benutzt, aber eben nicht auf reale Schwarze,
sondern auf Elsässer projiziert, die man ihrer Kultur und Sprache
beraubt. Darf man das? Ja, Linke und Grüne dürfen, damals wenigstens. Überhaupt
gab es ja damals zahlreiche Grüne, die innerlich nicht rot, sondern
schwarz oder blau waren und vieles anders sahen als die heutige etablierte
Partei.
Der Kongo-Neger der Emmendinger Fasnet ist
überaus harmlos, der Träger dieser Maske macht sich über sich selbst
lustig, wie auch der Träger einer Hexenmaske oder von sonstwas. Eine
politische oder rassische Aussage ist damit nicht verbunden. Möglicherweise,
das gibt die Badische Zeitung bzw. Stadtarchivar Jenne im Kasten unter dem Artikel zu, wurde mit
dieser Figur ein Kontra der 1883 eingemeindeten Nieder-Emmendinger
ausgedrückt, vielleicht auch eine Gegenposition zur "Villa
Algier" eines "Kaufmanns, der mit Kolonialwaren reich geworden
war: Die Umgebung soll Algier genannt worden sein - während die andere
Straßenseite zum Kongo wurde."
Wer die Schwäbisch-Alemannische Fasnetstradition nicht
versteht, sollte in der fraglichen Zeit vielleicht in seine Heimat oder in
Urlaub fahren, jedenfalls nicht hier als Spaßverderber und Sprachpolizei
auftreten.