D Hoffnung isch s Privileg vu dr Jugend, wu no langi Johr zum Kämpfe un zum Verändere vor sich het. E Verluscht empfinde bsunders bitter diä, wu dr verlore Gegestand kännt un in em un mit em gläbt hän: In unserem Fall s elsässisch Alemannisch, d elsässich Sproch, dr elsässisch Charakter. Dr Gabriel Andres ziägt Bilanz. Dä elsässisch Publizischt, Johrgang 1925, isch e Läbe lang fir d elsässisch Autonomie iidrätte. Was isch drvu ibig? D Jugend kännt viil vu däm, wu diä Alte drum kämpfe, numme no as exotischi Randerschiinung, as e schene Grueß vu geschtert. Mir Alte hän d alemannisch Sproch brücht, zum is as Mänsche drin verwirklige. Diä Junge mache des jetz im Elsiss mit Franzesisch un im Badische viilmol scho mit Hochditsch. Diä wu kämpfe, stritte fir Demokratii, Friide, soziali Gerächtigkeit, gege Globalisiärung. Aber isch des nit aü ebis vu däm, wu aü mir Alti hän welle? H.N.

Gabriel Andres

Leb wohl, Elsaß, mein geliebtes Land.

Ein Abschied.

So muss ich nun denn von dir Abschied nehmen! Abschied von dir, meinem liebsten, meinem so heißumkämpften Elsaßland! Nicht etwa weil ich dich verlassen will, nicht weil ich den letzten Weg gehe, noch nicht gehe, sondern weil du gehst, mein Heimatland. Gewiss du gehst mit kleinen Schritten, man merkt es‚   langsam entfernst du dich von uns‚ von mir, von Tag zu Tag ein bißchen mehr. Mit diesen kurzen Schritten, denen man wohl anmerkt, wie ungern du eigentlich gehst. Manchmal mein ich sogar, es sind zögernde Schritte, als ob du darauf wartetest, daß man dich zurückruft. Aber es ruft dich niemand zurück, es wird dich niemand aufhalten. Am allerwenigsten die, die so tun, als wollten sie dich aufhalten.

So gehst du nun, in dein Schicksal ergeben, lösest dich auf in diesem fremden Land, das sich dir rücksichtslos aufgedrängt hat, das dich in dieser doch liebevoll sein wollenden Umarmung erstickt.

Wenn ich durch die alten, klangvollen Gassen gehe, durch die Gassen unserer Städte oder Dörfer, wenn ich durch den herrlichen Rebengarten unserer Vorvogesenhügel oder durch die dunklen Vogesenwälder streife, wenn ich durch das sonnige Ried spaziere, da hör ich immer oder fast immer nur diese fremden Laute, die nicht die Laute meiner Heimat sind, nicht die Laute meiner Muttersprache sind. Wohl verstehe ich sie, wohl sind sie mir vertraut, wohl hör ich sie nicht ungern, aber es sind nun einmal doch fremde Laute.

Wo ist meine Sprache geblieben?

Die Sprache meines Landes, die Sprache meines Elsaßlandes, die Sprache des Herzens, die Sprache meines Herzens. Sie ist noch nicht ganz verschwunden, aber sie haben es schon geschafft aus ihr die Sprache des “Nachbarn“ zu machen, bald wird sie im eigenen Land eine Fremdsprache sein!

Sie sprudelt noch manchmal über verwelkte Lippen, wie ein nie versiegender‚ erfrischender Quell. Wenn alte Leute beisammen sitzen, wenn sie den Abendsonnenschein genießen und von vergangenen Zeiten reden, die nie mehr kommen werden. Ja, dann tritt sie plötzlich hervor, wie von einem Zauberwort herbeigelockt. Ja, dann ist sie da, meine Sprache, als ob sie nie verschwunden wäre.

Das sind aber leider nur diese zögernden Schritte der abziehenden elsässischen Sprache, die Schritte, von denen man meint sie würden den Abzug aufhalten. Wenn dann die Nacht über dem Land liegt, wenn alles schweigt, ja, dann keimt die Hoffnung wieder auf. Aber am nächsten Morgen, wenn die Sonne aufzieht, dann hat mein Land wieder einige Schritte mehr in die falsche Richtung gemacht.

Jahrelang hab ich gehofft, es wird einmal einer aufstehen und dir in die Quere treten, dich zum Bleiben auffordern, was sag ich, dazu zwingen. Viele hätten es tun können! Die hatten wahrscheinlich Wichtigeres zu tun. Als ob nicht gerade dies das Wichtigste wär. Ich hab es auch versucht, bin verlacht worden.

"Wo denkst du hin?", hat man mir gesagt, “die Sprache des Elsasses ist gesund und munter wie am ersten Tag!"

Als ob sie wüssten, wie sie war am ersten Tag!

Mag sein, daß sie gesund und munter ist, meine Sprache, aber es spricht sie niemand mehr. Geschrieben wird sie noch, gelegentlich. Von einigen literarischen Spracharchäologen. Denn sie ist ein Altertum geworden, meine Sprache, leider steht sie sogar unter Denkmalsschutz. Und bald werden die Sprachhüter den letzten Bauern, die diese meine Sprache als ihr tägliches Brot betrachten, verbieten sie so zu reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, wie sie gesprochen werden soll.

Denn diese Sprachhüter haben dir nicht etwa gesagt: bleib doch hier, wo du hingehörst, bleib hier, du gehörst zu diesen Menschen am Rhein, zu den Menschen im Land! Nein, das haben sie nicht gesagt, sie haben gesagt: jetzt wollen wir mal festhalten, wie diese Sprache überhaupt geschrieben und geredet sein soll. Es muß doch endlich mal Ordnung geschaffen werden in diesem Wirrwarr der elsässischen Mundarten!

Das war dann der Gnadenstoß, von dem du dich wohl nicht erholen wirst, mein liebes, vertrautes Elsässerditsch.

So bin ich denn hoffnungslos geworden. Vielleicht auch, weil ich älter geworden bin.

Man spürt es eigentlich nicht, aber die Zeit nagt an einem, lautlos, pausenlos, geduldig und erbarmungslos, genau wie sie an der Sprache nagt. Als wär man nur ein Knochen, ein alter Knochen, den man den Hunden vorgeworfen hat, die einem den Garaus machen, wie es in Paris seit nahezu dreihundert Jahren vorgemerkt ist.

Aber ich gebe es zu, dein Platz ist nicht mehr hier, unter den Lebendigen.

Jetzt gehörst du nicht mehr ins Reich der Lebendigen, jetzt gehörst du bereits ins Reich der Toten, der toten Sprachen. Sie haben es geschafft, die welschen Gockel, dich aus deinem eigenen Land hinaus zu ekeln. Es wird wohl noch ein Weilchen dauern, bis du ganz verschwunden bist. Aber, so denken unsere edlen Archäologen, so schlimm ist das nicht. Man hat ja heute Kassetten und CDs, also kann dieses Kuriosum aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Welt festgehalten werden. Für künftige Generationen, die sich lächelnd ironisch an diese weit zurückliegenden Zeiten erinnern werden.

Was haben sie mit unseren Dörfern gemacht, die sich wohl alle glichen in ihrer Heimeligkeit, aber doch alle verschieden waren? Sie haben sie mit Neusiedlungen umstellt, in denen alle Stile und Geschmacksverirrungen, die man sich nur vorstellen kann, vertreten sind. Sie haben sie mit diesen Siedlungen umstellt, wie man eine feste Stadt mit Truppen umstellt, bevor man sie zur Übergabe zwingt, wie sie es mit Straßburg und Mülhausen gemacht und somit diese endlich zur Strecke gebracht haben. Und die Dorfkinder mussten wohl oder übel mit den Siedlungskindern die fremde Sprache reden.

Es ist ja gut, wenn man verschiedene Sprachen beherrscht, je mehr desto besser. Aber doch, verdammt noch mal, nur unter der Bedingung, daß man dabei die eigene Sprache nicht vergißt, geschweige denn sie verleugnet!

Das haben sie bei dir geschafft. Deine Kinder haben dich verleugnet! Dagegen kann niemand mehr was tun. Gegen diese gottvergessene Schurkerei ist kein Kraut gewachsen. So leb denn wohl, mein lieb Elsaßland!  

--------------------------------

Über das politische Schicksal von Gabriel Andres: Versuchter Rufmord an einer demokratischen Stimme

Was meine ner do drzue? Was meinen Sie dazu? Qu'en pensez-vous?

Schreiben Sie an meinung@noth.net

Leserzuschriften:

Wie wunderschön und zugleich so unendlich traurig beschreibt Gabriel Andres den langsamen Tod seines Elsässerditsch. Heimatsprache des Elsass seit fast 1500 Jahren. Ermordet in wenigen Jahrzehnten. Wer hat das Recht, seine Sprache aufzugeben ? Sprache, die nicht Eigentum einer Generation ist. Die zu treuen Händen geliehen ist von den Vorfahren um sie zu behüten, zu bewahren und kraftvoll und lebendig an die Jungen weiterzugeben. WER NIMMT SICH DAS RECHT, in 50 Jahren untergehen zu lassen, was durch 15 Jahrhunderte von Vater zu Sohn, von Mutter zu Tochter weitergegeben wurde. WER ÜBERNIMMT VOR DER KULTURGESCHICHTE EUROPAS die Verantwortung für diesen Frevel ? Aber solange noch ein Funke glimmt, so lange ist noch Hoffnung. 13.000 Kinder wachsen schon zweisprachig auf. Und jedes Jahr werden es mehr. Was wäre das Elsass ohne seine Sprache ? Eine unbedeutende Randprovinz Frankreichs. Was wäre ein wahrhaft zweisprachiges Elsass ? DAS KULTURELLE HERZ EUROPAS. Ewiges Bindeglied zwischen Frankreich und Deutschland. Das lebende Vermächtnis Karls des Grossen.
12. 12. 2003     Petra Weber     Hpw5 (at) aol.com

La neutralité suisse est à la fois un signe de courage ou de lâcheté impardonnable, selon le cas et les circonstances. La Suisse insiste sur le respect des droits de l'homme partout dans le monde y compris dans ses discussions avec la Chine et se tait honteusement face à la France et ses crimes contre les minorités autochtones. Il est temps que la France subi de son côté le droit à l'ingérence, (inventé par sa propre diplomatie). Dieses Recht sollte für uns (Schweizer und Europäer) eine Verpflichtung sein.
Ich finde es auch beschämend, dass der Europarat und der europäische Gerichtshof in Strassburg sich für die Errichtung von Minaretten in der Schweiz einsetzte (Gott sei Dank vorerst erfolglos), für den Schutz und die Rettung der Heimatsprache des umliegenden Elsass und Lothringens hingegen nichts übrig hat. In welchem Europa leben wir?
28. 4. 2011    Ernst Laub aus dem Wallis (Schweiz)    Ernst.Laub (at) wanadoo.fr