Der nette syrische Helfer

    Vor Kurzen kamen wir an einem Wohnblock vorbei, als plötzlich ein furchtbar lauter Alarm runterging. Wir sahen aber kein Feuer und keinen Rauch. Man konnte das Piepen nicht orten. Da öffnete sich die Tür einer Kellerwohnung; Rauch, Küchengerüche nach Verbranntem und offenbar ein Migrant traten heraus, auch er suchte ratlos herum. Wir bedeutetem ihm, er solle den Alarm in seiner Wohnung ausmachen. Er verstand es nicht; ich ging hinunter und machte den Rauchmelder an seiner Korridor-Decke aus. Da er nichts verstand, sprach ich ihn auf Türkisch an, das verstand er auch nicht, brachte jetzt aber herüber, dass er Kurde aus Syrien sei. Er war sehr erfreut und sehr freundlich. Seine Freundlichkeit schilderten auch die Leute, die ich besuchte, neulich hatte er ihnen geholfen, eine schwere Kiste aus dem Auto auszuladen. Hoffentlich bleibt das so, dachte ich, und mir fiel Familie X ein. Das sind türkische Kurden, sogar Aleviten - das ist eine wenig dogmatische, eine relativ aufgeklärte Glaubensrichtung, die wenig mit dem Mehrheitsislam zu tun hat.
    Ich lernte Familie X Anfang der 90er Jahre kennen, sie waren erst vor wenigen Monaten aus der Türkei gekommen und hatten Asylantrag gestellt. Eine Tochter war noch in der Türkei; um sie hierher zu bringen, dolmetschte ich für die Eltern beim Notar. M., ein badischer Umweltaktivist und Freund von mir, war bereit, eine Bürgschaft für die Tochter zu übernehmen. Aufgrund dessen durften sie das Mädchen nach Deutschland holen. Doch ein paar Wochen nach Ankunft der Tochter waren die Aleviten verschwunden; M. war sehr betrübt; er hatte keine eigenen Kinder und hatte Sertan, den Bub dieser Familie, betreut wie einen eigenen Enkel. Und jetzt war er weg. Eines Tages rief der Junge doch aus London an - er konnte als einziger der Familie leidlich Deutsch - und sagte, dass sie zur Verwandtschaft in England gezogen seien. Ich bedauerte es genau wie M. sehr, wir waren mit dieser Familie längst befreundet gewesen und hatten uns gegenseitig besucht. Von nun an hörte ich nie wieder von ihnen. Aber ich las ...
    Zwischenzeitlich war M. verstorben. Bei seiner Beerdingung fiel mir auch Familie X wieder ein und ich googelte nach ihnen – Sertan, M.s Liebling, musste jetzt im Alter sein, wo man Spuren im Internet hinterlässt. Und er hinterließ! Ich traute meinen Augen nicht. Sein Name ist extrem selten und die Vergangenheit stimmte genau. Kurdischer Asylbewerber, Alter, Jahr der Einreise - alle Details stimmten. 2001, mit 21, hatte er nachts in North London eine 39jährige Kassiererin überfallen, beraubt und versucht, zu vergewaltigen. Er verletzte die Am-Boden-Liegende mit Fußtritten so schwer an Kopf und Genick, dass sie fünf Tage später an den erlittenen Hirnverletzungen starb. Auf sein Konto ging ein weiterer Überfall in dieser Nacht und eine Reihe sexueller Übergriffe auf Mädchen seit 1994. Er bekam lebenslänglich.
    Dieser Google-Treffer machte meine Frau und mich fassungslos. Wie konnte der Sohn von Familie X so missraten? Die Leute waren sehr nett gewesen - so, wie ich es von Aleviten gewohnt war. Häufig ist der nette, offene, fleißige "Türke" von nebenan, dessen Frau kein Kopftuch trägt und einen auch grüßt - ein kurdischer Alevit. (Freilich gibt es fleißige und freundliche Menschen auch unter den eigentlichen Türken.) Wir suchten nach Erklärungen: Hat Sertan den Kulturschock, den so eine Einwanderung bedeutet, nicht verkraftet? Zwar sind Aleviten nie islamische Extremisten, aber auch sie haben eine andere Sicht auf Frau und Familie als die hedonistische Mehrheit in Mitteleuropa und England. Zwar ist die Abwertung der Frau bei ihnen lange nicht so ausgeprägt wie bei den Sunniten und Schiiten, den Mehrheitskonfessionen. Aber auch die Aleviten können die lockeren Sitten der Deutschen in ihrer extremen Ausprägung nur mit Verachtung betrachten – sicher nicht völlig zu Unrecht. Wir redeten uns ein: Kann nicht in jeder Familie mal ein Sohn missraten?
    Ja, gut, kann … Aber in orientalischen und afrikanischen Gesellschaften missraten zu viele Söhne. Wir waren versucht, an einen Einzelfall zu glauben, aber seit Merkels Grenzöffnung können wir es nicht mehr. Seit der islamischen Masseneinwanderung ab 2015 sind Vergewaltigungen, Messerangriffe und sonstige Gewalttaten in Deutschland erheblich angestiegen und zwar eben wegen dieser Einwanderung; die Asylanten sind am Kriminalitätsgeschehen weit überproportional beteiligt. Die Kulturen scheinen nicht kompatibel zu sein. In England, Belgien und Frankreich gibt es noch größere und weiter verfestigte Parallelgesellschaften als in Deutschland und immer wieder bürgerkriegsartige Eruptionen. Dahin nähern wir uns auch in Deutschland mit jeder Hundertschaft, die neu einwandert. Der Syrer, der in Deutschland hilft, die Kiste aus dem Auto zu laden, der in Syrien die christlichen Touristen zum Tee einlud, den gab es in Syrien millionenfach, bevor der Aufstand gegen Assad und der Vormarsch des Islamischen Staats und der anderen Dschihadisten begann. Aber in einer Krisensituation setzen sich Kräfte durch, die nicht freundlich sind. Und so ist auch in Deutschland damit zu rechnen, dass die wachsenden Parallelgesellschaften in einer Krisensituation noch mehr aus dem Ruder laufen als bisher. Wenn in einer großen Rezession das Sozialamt die Bedürfnisse der Einwanderer nicht mehr befriedigen kann, wird es auch hier zu Aufständen und Anarchie kommen - die Polizei beherrscht ja heute schon die Clans in manchen Stadtteilen nicht mehr. Deswegen ist jede weitere Einwanderung von Übel; die Grenzen gehören überwacht. Die Unberechtigten unter den neuen Einwanderern - das sind die meisten - gehören abgeschoben und die Kriminellen sowieso. Syrien ist jetzt befriedet; die Rückkehr der Syrer ist zumutbar. Der nette Syrer soll helfen, seine Heimat wiederaufzubauen. Deutschland soll beim Wiederaufbau helfen. So können Deutsche und Syrer Freunde bleiben/werden.

Pfingsten, 9. Juni 2019 Harald Noth

LUEG INS LAND ohne Scheuklappen, der Blog von Harald Noth