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30. November 2024
Michael Kohlhaas - hochaktuell

    Michael Kohlhaas war ein Pferdehändler, der für Gerechtigkeit kämpfte und dabei selbst ungerecht wurde. So führt ihn Heinrich von Kleist in seiner gleichnamigen Novelle vor. Gibt es so etwas heute noch? Und wenn, dann sogar zwischen Staaten?
    Der Händler aus Cölln bei Berlin bekam bei der Durchreise im Gebiet eines adligen Burgherren zwei seiner edelsten Rosse abgenommen, sie sollten als Pfand da bleiben, bis er einen Passierschein geholt hatte, der willkürlich von ihm verlangt wurde. Als er nach Tagen wieder zurück an der Burg war, fand er seine Reitpferde als Ackergäule missbraucht und kaputtgeschunden wieder. Er versuchte, sich beim Kurfürsten von Sachsen Recht zu holen, wurde aber abgewiesen. Seine Frau überlebte den Streit nicht, was in ihm das Rachegefühl weiter anfachte. Schließlich sammelte er einen bewaffneten Haufen um sich, um den Junker zu strafen, der für das Elend seiner Pferde verantwortlich war. Er erwischte ihn nicht, sondern konnte nur seine Burg in die Hände bringen und alle ihre Bewohner töten. Bei der weiteren Verfolgung des ungerechten Pferdeschinders brandschatzte er verschiedene Städte und wurde selbst zur Landplage. Schließlich erhält Kohlhaas doch teilweise Recht und Schadenersatz für die Rosse zugesprochen, gleichzeitig wird er aber für sein Brandschatzen und Morden zum Tod verurteilt.
    Diese Novelle gehörte noch in den Nachkriegsjahren zum deutschen Bildungskanon; die jetzige Politikergeneration hat sie vielleicht nie kennengelernt.
    In der Auseinandersetzung zwischen Staaten hat der Angegriffene das Recht, sich zu verteidigen. Aber er darf nicht, unterstützt und geblendet von Freunden, so weit gehen, einen Weltkrieg zu riskieren oder gar auszulösen.
    So war es 1962 bei der Kuba-Krise. Hier hatte die Sowjetunion begonnen, Atomraketen auf Kuba zu stationieren, also praktisch vor der Haustüre der Amerikaner. Atomwaffen in einem befreudeten Land vor der Haustüre des Rivalen stationieren, das wird man doch noch dürfen?
    Nein. Präsident John F. Kennedy forderte den Abzug der sowjetischen Raketen und war zu einem atomaren Gegenschlag im Falle eines sowjetischen Angriffs bereit. Der Konflikt schaukelte sich hoch. Kurz vor dem atomaren Knall kam es durch Geheimdiplomatie zu einer Entspannung; Nikita Chruschtschow lenkte ein und zog die sowjetischen Atomraketen von Kuba ab. Die geheime Vereinbarung zwischen den Atommächten beinhaltete auch den Abzug der amerikanischen Raketen aus der Türkei.
    Die heutige Situation ist sehr kompliziert und kann nicht 1:1 gleichgesetzt werden. Gebe Gott, dass es auch jetzt zu einem diplomatischen Ausgleich kommt, die atomfähigen Waffen zurückgezogen werden und das Sterben der jungen Männer gestoppt wird.