Wiä stohts um unser Dialäkt? Der folgende Artikel ist eine Zusammenfassung des Kapitels Die sprachlichen Verhältnisse im Breisgau aus dem Alemannischen Dialekthandbuch. Es geht dabei um den quantitativen und qualitativen Rückgang des Alemannischen. Drücken Sie auf Eine grenzüberschreitende, völkerverbindende Sprache in Gefahr Hier im Breisgau und im Badischen überhaupt verschwindet nicht einfach nur eine sprachliche Variante, die leicht durch die obsiegende, durch das Hochdeutsche ersetzbar wäre. Sondern es verschwindet im Badischen die gemeinsame, grenzüberschreitende Sprache, die Oberbaden mit dem Elsass und der alemannischen Schweiz, gemeinsam hat und hatte und die imstande war und ist, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu erzeugen. Die Elsässer haben darüber hinaus auch zwischen Deutschland und Frankreich vermittelt, wie es die Sprache beweist. Auch das badische und Schweizer Alemannisch weist oder wies zahlreiche französische Lehnwörter auf, die oft durch das Elsässische vermittelt waren. Ist heute das Zusammengehörigkeitsgefühl einseitig geworden? Alemannische Schweizer, die von Badenern alemannisch angesprochen werden, ignorieren gerne diese Gemeinsamkeit und befleißigen sich dem Nachbarn gegenüber eines gekünstelten oder ungekünstelten Hochdeutschs. Ob dies die Angst ist, nicht verstanden zu werden? Oder ein politischer Habitus, nach dem man mit Deutschen nichts gemein haben will, und seien es auch Alemannen, die anderthalb Kilometer nördlich des Rheins zu Hause sind? Wie dem auch sei (schreiben Sie mir mal dazu!), Otto von Greyerz, Verfasser bedeutender Schriften zur (Berner) Mundart, ließ über sein Verhältnis zur Nachbarsprache (nicht nur zum badischen Alemannischen, zum Süddeutschen allgemein) keinen Zweifel übrig. Von Greyerz hielt sich eine zeitlang im Ausland in "reichsdeutschen" Kreisen auf und blickt 1915 in seinem Aufsatz "Meine Sprachgeschichte" u. a. auf diese Zeit zurück: |
"Meiner
Herkunft
als
Schweizer
wohl
bewußt,
erkannte
ich
doch
die
gemeinsame
Stammesverwandtschaft
als
eine
Tatsache
von
größter
Bedeutung
und
unterzog
meine
unreifen
Ideen
von
einer
unüberbrückbaren
Gegensätzlichkeit
zwischen
Deutschen
diesseits
und
jenseits
des
Rheins
einer
sehr
notwendigen
Revision.
Was
mir
das
völlige
Einleben
in
den
Gebrauch
der
Sprache
jenes
befreundeten
Kreises
erleichterte,
war
ihr
süddeutscher
Charakter.
Im
Norden
hatte
mich
die
in
der
städtischen
Redeweise
übliche
Vokalisierung
von
-er
oder
-r
in
Mutta,
hervoa,
Natua
usw.
von
vorneherein
abgestoßen,
und
auch
der
stimmhaften
Aussprache
der
Verschlußlaute
(b,
d,
g)
und
des
s
vor
Vokalen
widerstand
mein
alemannisches
Sprachgefühl.
Was
mich
aber
geradezu
als
etwas
Feindseliges
berührte,
waren
gewisse
norddeutsche
Satzmelodien,
besonders
ein
unausstehlicher
Tonfall
in
der
Frage,
wie
man
ihn
nicht
nur
im
Verkehr,
sondern
auch
auf
der
Bühne
zu
hören
bekam.
Die
Deutschen
nun,
denen
ich
mich
im
Orient
anschloß,
zeigten
in
ihrer
Aussprache
und
ihrem
Tonfall
fränkische
und
bayrische
Stammesart
und
wurden
mir
dadurch
sowie
durch
gewisse
Übereinstimmungen
im
familiären
Wortschatz
in
ihrer
Sprache
sympathisch.
Gleichzeitig
schloß
ich
eine
innige
Freundschaft
mit
einem
Steiermärker,
in
dessen
Redeweise
mir
ein
sanfter,
gemütvoller
Ton
ungemein
zu
Herzen
ging."
Aus: Meine Sprachgeschichte, in: Unserem Otto von Greyerz zum 60. Geburtstag. Eine Festgabe von seinen Freunden. Bern, Verlag A. Fancke A.-G., 1923 |